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Schlaglicht

Erfolgreich KI einsetzen – Nur mit guten Daten wird das Potenzial der Künstlichen Intelligenz realisiert

Dominik Asam

Mitglied des Vorstands | SAP SE
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Bernd Skiera

Lehrstuhl für Electronic Commerce | Goethe-Universität Frankfurt am Main
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Was bedeutet KI für die Weltwirtschaft und für uns in Deutschland?

Der Einfluss, den Künstliche Intelligenz (KI) in den nächsten drei Jahren voraussichtlich auf die globale Wirtschaft haben könnte, ist enorm: laut Subin (2023) schätzt Morgan Stanley ihn auf etwa 4,1 Billionen US-Dollar. Das entspricht ungefähr der Größe des Bruttoinlandprodukts Deutsch­lands. Innerhalb Deutschlands könnten Systeme mit Funktionen gene­rativer KI nach einer Studie des Forschungsinstituts IW Consult in Zukunft rund 330 Milliarden Euro zur Wertschöpfung in der deutschen Wirtschaft beitragen (IW Consult 2023: 5).

Dies ist auch notwendig, da aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland immer weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden. Das bedeutet, dass wir Unternehmenssoftware neu denken müssen: Generative KI wird die Art und Weise, wie wir Software nutzen, mit ihr interagieren, aber auch, wie wir sie entwickeln, grundlegend verändern.

Generative KI wird die Art und Weise, wie wir Software nutzen, mit ihr interagieren, aber auch, wie wir sie entwickeln, grundlegend verändern.

Dabei haben wir bereits in der Vergangenheit Technologiesprünge gesehen: Client-Server-Modelle, das Internet, mobile Endgeräte, der Schritt in die Cloud. Diese Technologien finden ihren Einsatz im Privaten, z.B. bei E-Mails, Handys und Streaming Diensten, aber ebenso im Bereich der Unternehmenssoftware, z.B. beim mobilen Arbeiten, digitalen Lieferketten und Unternehmensnetzwerken. Aber keine dieser Technologien ist mit so einer Geschwindigkeit und Wucht in die Unternehmenswelt gekommen wie KI. Es gibt fast täglich neue KI-Modelle, -Dienstleistungen und -Funktionalitäten – sowohl proprietär, also herstellergebunden, als auch frei verfügbar, als sogenannte Open Source – die große Menge von Daten benötigen und deren Einsatz Prozesse automatisieren und Entscheidungsfindungen unterstützen soll.

Wohl kaum eine industrielle Revolution betraf vorher die Wissensarbeit in einem solchen Maße wie jetzt. Deshalb ist es auch besonders wichtig, dass die genutzten Daten und die KI-Resultate von guter Qualität sind, um einen zuverlässigen Unternehmensablauf zu gewährleisten.

Ende 2022 kam mit ChatGPT der „Eye Opener“ auf den Markt. ChatGPT hat KI für jeden zugänglich und erlebbar gemacht und auch in der Industrie die Frage wieder aufgeworfen: „Wie können wir unsere Prozesse und Produkte durch KI verbessern?“

KI und die Rolle von Datenqualität für KI-Exzellenz

Klassische KI, z.B. in der Form von Verkaufs-, Gewinn- oder Kostenvorhersagen, kommt in Unternehmen schon seit mehreren Jahren zum Einsatz. Diese KI-Modelle werden auf den historischen Verkaufs-, Gewinn- oder Kostenzahlen trainiert, um dann Vorhersagen für die Zukunft zu treffen. Dabei kommt es natürlich auf die Datenqualität an. Wenn historische Daten unvollständig oder falsch sind, wird die Vorhersage für die Zukunft auch nicht verlässlich sein.

Ein weiterer typischer KI-Anwendungsbereich ist die sogenannte Klassifizierung. Dabei wird etwa ein Zulieferer aufgrund seines historischen Verhaltens und der so entstandenen Daten als vertrauenswürdig klassifiziert oder das Kreditrisiko eines Kunden anhand seiner finanziellen Geschichte, seiner Auslastung und weiterer Faktoren abgeschätzt. Bei medizinischen Diagnosen werden u.a. Bilddaten in KI-Modellen verarbeitet, um Krankheiten zu erkennen.

Besonders bekannt in der Bildklassifizierung ist das sogenannte „Chihua­hua-Muffin“ Problem (Togootogtokh und Amartuvshin 2018). Dabei soll die KI erkennen, ob es sich auf zu be­stimmenden Bildern um einen hell­braunen Chihuahua mit kleinen runden, dunklen Augen oder einen Blaubeer­muffin mit hellem Teig handelt. Ein Problem, dessen Lösung selbst uns Menschen schwerfällt. Es stellt sich die Frage, anhand welcher Kri­terien wir als Menschen entscheiden, auf welchem Bild ein Hund und auf welchem ein Muffin abgebildet ist. Die Er­klärbarkeit von KI-Ergeb­nissen, die sogenannte Explainability steckt für manche Bereiche der KI, z.B. Neuronale Netze, die für Bilderklassifikatio­nen genutzt werden, noch in den Anfängen. Hier ist eine enge Zusammen­arbeit zwischen Industrie und Wissenschaft nötig, um die Erklärbarkeit und Transparenz für KI-Re­sultate zu verbessern.

So spielerisch dieses Problem auch ist, verdeutlicht es die Komplexität, auf die KI trifft, wenn KI entscheiden soll, ob es sich auf dem Bild um einen Krebstumor handelt oder nicht, oder ob ein Produktionsteil auf dem Foto für die visuelle Inspektion in Ordnung ist oder Fehler aufweist. Auch in diesen Fällen ist es wichtig, dass die Trainingsdaten verlässlich sind, um gute KI-Ergebnisse zu gewährleisten. Wenn im Training dem KI-Modell Muffins als Hunde vorgestellt werden oder Bilder von Tumoren als tumorfrei und Bilder von fehlerhaften Teilen als in Ordnung klassifiziert in den Trainingsdaten vorliegen, wird das Modell falsch trainiert und entsprechend falsche Aussagen treffen.

Noch schwieriger wird das Messen der Verlässlichkeit von KI-Ergebnissen im Bereich der generativen KI. Generative KI gibt nicht nur Vorhersagen für einzelne Werte oder Klassen, sondern generiert, also erzeugt, ganze Texte, Bilder, Musik oder Videos. In Unternehmen kann generative KI zum Beispiel für das automatische Erstellen von E-Mails eingesetzt werden. Eine schriftliche Anweisung an das KI-Modell, ein sogenannter Prompt, dafür kann so aussehen: „Erstelle mir eine E-Mail als Antwort auf eine Beschwerde des Kunden X.“ Dieser Prompt liefert durch das GPT3.5 Modell in ChatGPT folgende Antwort: „Sehr geehrter Kunde X, vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Feedback. Es tut uns leid zu hören, dass Sie mit unserem Service nicht zufrieden waren. Wir entschuldigen uns aufrichtig für die Unannehmlichkeiten, die Ihnen entstanden sind. […] Sollten Sie weitere Fragen oder Anliegen haben, zögern Sie bitte nicht, uns zu kontaktieren. Mit freundlichen Grüßen Ihr Kundenservice-Team“

Diese Antwort ist komplett selbstständig durch das KI-Modell erstellt worden und zeigt ein freundliches Verständnis für die Beschwerde des Kunden. Ist diese Antwort gut? Das hängt von vielen Faktoren ab: Hat sich der Kunde wirklich über einen Service beschwert? Welche Lösungsmöglichkeiten werden in der E-Mail vorgeschlagen? Sind die Lösungsmöglichkeiten faktisch richtig und möglich?

Ergebnisqualität bei generativer KI zu beurteilen und sicherzustellen, ist also ein wesentlich komplexeres Thema. Im Mai 2024 hat das KI-Modell von Googles Suchmaschine laut mehrerer Medienberichte die Frage, wie viele Steine man pro Tag essen sollte, mit „einen kleinen Stein täglich“ beantwortet. Das Modell hatte die Antwort von einer Satireseite. Um solchen oder ausgedachten, sogenannten halluzinierten Antworten entgegenzuwirken, kann man generative KI-Modelle mit zusätzlichen Daten aus vertrauenswürdigen Quellen verbinden, sogenanntes Grounding. Die Retrieval-Augmented Generation (RAG) stellt dem Modell gezielt Informationen bereit, ohne das Modell selbst zu ändern. Wenn also das Modell in der Software zum Beschwerdemanagement mit einem Lösungskatalog nach dem Prinzip des Grounding ergänzt wird, kann die Antwort-E-Mail schon direkt passende, nicht-fiktive Lösungsvorschläge beinhalten.

Die Bedeutung guter Daten verstärkt sich, wenn wir bedenken, dass neu generierte Inhalte – Texte, Bilder, Videos – auch wieder für das Trainieren von neuen Modellen genutzt werden.

Auch in diesem komplexeren Beispiel sehen wir wieder, wie wichtig eine verlässliche, saubere Datenbasis für die Leistungsfähigkeit der Modelle in gegebenem Kontext ist. Die Bedeutung guter Daten verstärkt sich, wenn wir bedenken, dass neu generierte Inhalte – Texte, Bilder, Videos – auch wieder für das Trainieren von neuen Modellen genutzt werden. Wenn die generierten Inhalte fehlerhaft sind, werden neue Modelle wiederum auf fehlerhaften Daten trainiert. Abhängig von der Qualität und Quantität der Fehler in den Trainingsdaten, sowie davon, ob das dem Modell unterliegende mathematische System eine dämpfende oder verstärkende Wirkung auf Fehler hat, können so Falschinformationen gedämmt oder immer stärker vermehrt werden. Auch hier kann die Forschung unterstützen, KI zu verbessern.

Ein weiterer, wichtiger Ansatz ist das Einbringen des Faktors Mensch, der sogenannte „Human in the Loop“: Ein Experte, der die KI-Ergebnisse überprüft und im Notfall korrigierend eingreifen kann. Aus legaler und ethischer Sicht eine wichtige Entscheidung. Des Weiteren kann der Experte durch seine Erfahrung und sein Wissen auch dazu beitragen, die Qualität der Ergebnisse zu verbessern, indem er Feedback zu den erzeugten Ergebnissen gibt. Außerdem kann der Experte durch neue, kreative Einflüsse auf Trainingsdaten das Ergebnisspektrum beeinflussen.

Somit ist erfolgreiche KI-Anwendung einerseits ein Hebel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, andererseits bietet die KI-Transformation aber auch Chancen, die Expertise einzelner Personen zu skalieren und eröffnet für viele Personen neue Lern- und Arbeitsbereiche.

Unternehmerische Perspektiven auf KI

Das makroökonomische Potenzial für KI ist gigantisch, doch was bedeutet KI für einzelne Unternehmen? Jeder Unternehmensbereich kann von KI profitieren. Von der Personalabteilung, die z.B. auf generative KI gestützte Stellenbeschreibungen verwendet, über den Vertrieb, der z.B. Produkt- und Preisempfehlungen, sowie durch generative KI erzeugte Vorlagen zu den Inhalten von Verkaufsgesprächen nutzen kann, bis hin zur Finanzabteilung.

Das Automatisierungspotenzial, das mit KI einhergeht, wird auch Finanzentscheidern helfen, ihre wichtigsten strategischen Unternehmensprioritäten zu adressieren, während sie Risiken und Chancen für das Unternehmen ausbalancieren. Beispielhafte Anwendungen im Finanzwesen, die ganz besonders auf ein verlässliches Datenmanagement aufsetzen müssen, umfassen typischerweise die Unternehmensfinanzanalyse und -planung. Auch Compliance-Analysen können durch KI gestützt und vereinfacht werden.

Die wirkliche KI-Transformation besteht somit nicht nur darin, KI als Automatisierung für bestehende Prozesse zu verwenden, sondern bestehende Prozesse neu zu denken.

Literaturverzeichnis

Die wirkliche KI-Transformation besteht somit nicht nur darin, KI als Automatisierung für bestehende Prozesse zu verwenden, sondern bestehende Prozesse neu zu denken. Im Business-to-Business-Bereich ist das etwa der Unterschied zwischen der Teilautomatisierung von Vertragsgenehmigungen durch KI und eines neuen Prozesses, in dem bei der – durch generative KI unterstützten – Vertragserstellung schon alle Konditionen für den Kunden so eingearbeitet werden, dass der Vertrag auf jeden Fall genehmigungsfähig ist. Dadurch werden die Entscheidungen früher im Prozess getroffen und Aktivitäten, die nicht zum erfolgreichen Abschluss des Prozesses beitragen, gar nicht erst ausgeführt.

Download des Schlaglichts "Erfolgreich KI einsetzen - Nur mit guten Daten wird das Potenzial der Künstlichen Intelligenz realisiert" von Dominik Asam und Bernd Skiera, Schmalenbach IMPULSE, 4. Jg. 2024, S. 1-4, DOI 10.54585/PFOQ8934

Aufsatz | 4 Seiten

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