Die Bewertung deutscher Small- und Midcap-Unternehmen ist im Vergleich zu US-amerikanischen Konkurrenten aufgrund geringerer Marktliquidität und niedrigerem Wirtschaftswachstum deutlich schlechter, was Investitionen erschwert. Verliert Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit auf dem Kapitalmarkt?
Das geringe und rückläufige Handelsvolumen in M- und SDAX hält Großinvestoren von Investitionen in deutsche Small- und Midcaps ab. Bei ansonsten sehr ähnlichen Unternehmensdaten werden amerikanische Wettbewerber deutlich höher bewertet als z.B. Klöckner.
Auf der Basis der beiden gängigen Smallcap-Aktien-Indizes der USA (Russell2000-Index) und Deutschlands (SDAX) ergibt sich folgender Befund: Sowohl das Kurs-Buchwert-Verhältnis als auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Small- und Midcap-Unternehmen ist in den USA im Durchschnitt der letzten sechs Jahre deutlich höher als in Deutschland.
Eine Vielzahl betriebswirtschaftlicher Studien zeigt, dass die Rendite und die Bewertung von Vermögenswerten sehr stark davon abhängen, welche Liquidität in dem jeweiligen Markt vorhanden ist. Und dass, obwohl die dahinterliegenden Profile und Zahlungsströme der Assets sehr vergleichbar sind.
Hierfür gibt es zwei Gründe: Zum einen hat sich das Handelsvolumen der Aktien im amerikanischen Russell2000-Index der USA – ebenfalls seit 2018 – gegenüber dem der SDAX-Aktien mehr als verdoppelt. Gleichzeitig ist das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen auf ca. 60% im MDAX bzw. auf unter 40% beim SDAX gefallen.
Das Thema „Liquidität“ ist in den letzten Jahren im Small- und Midcap-Bereich immer wichtiger geworden. Das Liquiditätsrisiko ist sowohl beim Unternehmenseinstieg als auch beim Ausstieg aus einem Unternehmen zunehmend relevant.
Zum anderen ist das jährliche Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) – indexiert auf das Jahr 2018 – in den USA deutlich höher als in Deutschland. Damit kommt es zu deutlich höheren Bewertungen amerikanischer Small- und Midcap-Unternehmen.
Die geringere Handelsliquidität stellt eine Herausforderung für Börsengänge kleiner und mittelgroßer Unternehmen in Deutschland dar. Wir empfehlen, einen möglichst großen Free Float anzustreben und die Investor Relations Aktivitäten gezielt auf ein relevantes globales Investorenuniversum auszurichten.
Ist das Handelsvolumen bei deutschen Small- und Midcaps noch ein Indikator für den tatsächlichen Wert? Am Beispiel von Klöckner diskutiert Guido Kerkhoff mit Jörg Rocholl, Martin Reitz und Jonas Eisch über Handlungsoptionen von Wirtschaft und Politik:
- De-Listing oder US-Listing ist nur für wenige Unternehmen und unter bestimmten Bedingungen eine Alternative.
- Wichtiger ist eine Intensivierung der eigenen Investor-Relations mit durchdachten Roadshows, nicht nur zu den großen Mainstream-Investoren, sondern gezielt auch zu kleineren und mittleren Investoren.
- Veranlassung der Wiederaufnahme von Research-Aktivitäten durch Brokerhäuser.
- Verbesserung des Kapitalmarktumfeldes und der Börsenkultur zum Beispiel durch den Einstieg in ein kapitalmarktbasiertes Rentensystem.
- Intensivierung der Kapitalmarktunion in Europa.
- Konsolidierung der 35 Handelsplätze in Europa (Anzahl der Handelsplätze USA: 3).
- Revitalisierung der Wachstumskräfte in Europa.
Diskutieren Sie mit! Ist das Handelsvolumen bei Small Caps noch ein Indikator für den tatsächlichen Wert oder eine Bürde?
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