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Forschungs-Impuls

Höhere klimawandelbezogene Unternehmensrisiken = höhere  Prüfungshonare?

Sven Hartlieb

Professur für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsprüfung | Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
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Brigitte Eierle

Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationale Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung | Otto-Friedrich-Universität Bamberg
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Die Bedrohungen durch den Klimawandel, einschließlich der immer häufiger eintretenden Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen, stellen Unternehmen angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Folgen vor große Herausforderungen. Entsprechend zeigen sich wichtige Stakeholder wie Kapitalgeber in zunehmendem Maße besorgt über potenzielle klimawandelbezogene Risiken. Der Frage, ob und wie Wirtschaftsprüfer die klimawandelbezogenen Risiken ihrer Mandanten im Rahmen der Abschlussprüfung (adäquat) berücksichtigen, widmet sich eine Studie von Hartlieb und Eierle. Dabei wird insbesondere der Zusammenhang zwischen klimawandelbezogenen Risiken und den Prüfungshonoraren analysiert.

Kurzimpuls

Der Klimawandel stellt eine erhebliche Bedrohung für Unternehmen dar, da er das Risiko von Naturkatastrophen (physisches Risiko) erhöht und den öffentlichen sowie regulatorischen Druck verstärkt, zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen (transitorisches Risiko). Gemäß dem risikoorientierten Prüfungsansatz sollten Wirtschaftsprüfer solche Risiken für eine effektive und effiziente Abschlussprüfung berücksichtigen. Die Studie von Hartlieb und Eierle untersucht diesen Zusammenhang und stellt empirisch fest, dass Unternehmen in Regionen mit höherem klimawandelbezogenem Risiko, ceteris paribus, höhere Prüfungshonorare zahlen, insbesondere in jüngerer Zeit und in stark betroffenen Branchen. Die Autoren folgern daraus, dass Wirtschaftsprüfer bereits das individuelle klimawandelbezogene Risiko ihrer Mandanten identifizieren und berücksichtigen.

Risikobasierter Prüfungsansatz erfordert Bewertung des Geschäftsrisikos

Wirtschaftsprüfer spielen eine zentrale Rolle als Informationsvermittler. Denn sie müssen sicherstellen, dass Abschlüsse ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens vermitteln und die Chancen und Risiken der künftigen Unternehmensentwicklung zutreffend dargestellt sind.

Wichtige Stakeholder wie Kapitalgeber sind zunehmend besorgt über potenzielle klimawandelbezogene Risiken für Unternehmen.

Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel können sowohl physischer als auch transitorischer Natur sein. Physische Risiken gehen von den möglichen Auswirkungen von Naturkatastrophen aus, die von Unternehmen und ihren Stakeholdern berücksichtigt werden müssen. Transitorische Risiken beruhen z.B. auf strengeren Umweltvorschriften, der Offenlegung von Umweltdaten, Markt- und Technologieveränderungen oder Reputationsschäden, die beim Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft entstehen können.

Zusammenhang zwischen klimabezogenen Risiken und Prüfungshonoraren

Die Studie von Hartlieb und Eierle zei­gt für die Berichtsjahre ab 2013 einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen beiden klimawandelbezogenen Risikokategorien und den Prüfungshonoraren. Hierzu analysieren sie 57.992 Unternehmensjahre von 7.428 US-Unternehmen für den Zeitraum von 2000 bis 2018. Als Maß für physische und transitorische Risiken verwenden sie öffentlich verfügbare Daten zur Anzahl an Naturkatastrophen und dem regionalen Klimabewusstsein der Gesellschaft in einem US-County, in dem der jeweilige Mandant ansässig ist. Zudem werden öffentlich verfügbare Prüfungshonorare als Indikator für die Risikoevaluation und die Prüfungsanstrengung durch den Wirtschaftsprüfer herangezogen.

Wirtschaftsprüfer berücksichtigen klimawandelbezogene Risiken ihrer Mandanten

Die Ergebnisse stehen im Einklang mit der Hypothese, dass Mandanten, die größeren physischen und transitorischen Klimarisiken ausgesetzt sind, ceteris paribus höhere Prüfungshonorare zahlen. Abschlussprüfer berücksichtigen diese Risiken im Rahmen ihrer Risikoevaluation und reagieren darauf mit umfangreicheren Prüfungs­handlungen und einer Risikoprämie. Zu Beginn der 2000er Jahre, als der Klimawandel noch wenig in der öffentlichen Debatte präsent war, war dies offenbar noch nicht der Fall.

Mandanten, die größeren physischen und transitorischen Klimarisiken ausgesetzt sind, zahlen ceteris paribus höhere Prüfungshonorare.

Monetär ausgedrückt zahlen Mandanten mit einem höheren physischen Klimarisiko im Durchschnitt 30.000 USD hö­here Honorare als Unternehmen, die in Regionen mit einer geringeren An­zahl an Naturkatastrophen ansässig sind. Der Effekt ist noch signifikanter beim regionalen Klimabewusstsein als Maß für das transitorische Risiko: Hier zahlen Unternehmen in US-Countys mit hohem Klimabewusstsein ceteris paribus im Durchschnitt 195.000 USD höhere Prüfungsgebühren.

Individuelles Risiko des Mandanten ist ausschlaggebend für Risikoevaluation

Klimawandelbezogene Risiken werden nicht in allen Branchen gleichermaßen im Rahmen der Abschlussprüfung berücksichtigt. So besteht beispielsweise für die Agrar­wirtschaft, die besonders von den physischen Auswirkungen des Klimawandels bedroht ist, ein besonders starker Zusammenhang zwischen den gezahlten Prüfungshonoraren und dem physischen Klimarisiko. In der Kohleindustrie, die vor allem durch Umweltvorschriften und Reputationsrisiken belastet ist, zeigt sich dagegen lediglich ein signifikanter und stark positiver Effekt bei der transitorischen Risikovariable. Neben der Branche sind weitere mandatsspezifische Faktoren entscheidend. So kann z.B. für geographisch stark diversifizierte Unternehmen kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem lokalen physischen Risiko und den Prüfungshonoraren gefunden werden.

Auch prüferspezifische Faktoren spielen eine Rolle

Prüfer aus Regi­onen mit einem höheren Klimabewusstsein berücksichtigen mit größerer Wahrscheinlichkeit die klimabezogenen Risiken der Mandanten im Rahmen der Risiko­evaluation. Dies deutet darauf hin, dass auch die Sicht­weise des Abschlussprüfers zum Klimawandel – oder der gesellschaftli­che Druck in der Region des Prüfers, solche Risiken ernst zu nehmen – ei­nen Einfluss auf die Risikoevaluation in der Abschlussprüfung ausübt.

Sicherstellung der angemessenen Berücksichtigung durch Gesetzgeber, Standardsetzer und Be­rufsstand

Auch wenn Wirtschaftsprüfer bereits klimawandelbezogene Risiken ihrer Mandaten im Blick haben, sind angesichts der hohen Relevanz und der zunehmenden Bedeutung Gesetzgeber, Standardsetzer und der Be­rufsstand aufgefordert, Richtlinien und Praxisleitfäden zu entwickeln, die eine angemessene Berücksichtigung klimawandelbezogener Risiken ge­währleisten und den Abschlussprüfern praktische Hilfestellung bieten. Darüber hinaus sollten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, insbesondere auch kleinere Prüfgesellschaften, ihre Mitarbeiter umfassend schulen, um eine präzise Identifikation und Berücksichtigung dieser Risiken im Rah­men der Abschlussprüfung sicherzustellen.

Download der Langversion „Abschlussprüfung in Zeiten des Klimawandels: Berücksichtigen Wirtschaftsprüfer:innen klimabezogene Risiken ihrer Mandanten?“ von S. Hartlieb und B. Eierle, Schmalenbach IMPULSE, 4. Jg. 2024, 1-10, DOI 10.54585/FKTK6125.

Zur Langfassung

Abschlussprüfung in Zeiten des Klimawandels: Berücksichtigen Wirtschaftsprüfer:innen klimabezogene Risiken ihrer Mandanten?

Aufsatz | 10 Seiten

Diskutieren Sie mit — Welche Voraussetzung sollten geschaffen werden, um eine angemessene Berücksichtigung klimawandelbezogener Risiken im Rahmen der Abschlussprüfung zu gewähleisten?

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