Die Transformation zur Klimaneutralität erfordert neben technischen Innovationen und strategischen Entscheidungen auch robuste Systeme zur Erfassung, Steuerung und Berichterstattung von Emissionen. Auf Basis bestehender Finanz- und Managementbuchhaltung kann ein transaktionales Carbon Accounting entwickelt werden, das CO₂-Emissionen systematisch integriert und sowohl externe Transparenz als auch interne Steuerungsfähigkeit ermöglicht.
Kurzimpuls
Carbon Accounting unterstützt die Dekarbonisierung von Unternehmen, indem es ein System zur präzisen Erfassung und Steuerung von Treibhausgasemissionen auf Transaktionsebene bietet. Durch die Integration von CO₂-Daten in bestehende Finanzsysteme wird eine detaillierte und prüfbare CO₂-Bilanz erstellt, die sowohl der externen Berichterstattung als auch der internen Steuerung dient. Das transaktionale Carbon Accounting ermöglicht es, Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu aggregieren und erleichtert die Einhaltung regulatorischer Anforderungen wie der CSRD. Es verbessert das Management Accounting, indem CO₂-Daten in bestehende Steuerungsinstrumente integriert werden, etwa für Kostenrechnung und Budgetierung. Langfristig könnte Carbon Accounting zu einer zentralen Komponente der Unternehmensführung werden, die Unternehmen hilft, ihre Dekarbonisierungsziele messbar und transparent zu erreichen.
Funktionen und Anforderungen des Carbon Accountings
Carbon Accounting erfüllt zwei zentrale Aufgaben: das Einhalten regulatorischer Berichtspflichten gegenüber Investoren und Stakeholdern sowie die Unterstützung interner Entscheidungs- und Steuerungsprozesse, etwa bei Investitionen, Lieferantenauswahl oder Produktentwicklungen.
Grundlage ist eine verlässliche, prüfbare und vergleichbare Erfassung von Treibhausgasemissionen auf Einzeltransaktionsebene, die Geschäftsprozesse finanziell und klimawirksam abbildet. Die Integration erfolgt über etablierte Systeme wie SAP S/4HANA.
Transaktionales Carbon Accounting: CO₂-Bilanzierung auf Transaktionsebene
Das Konzept erweitert die doppelte Buchführung um CO₂-Äquivalente. Analog zu monetären Buchungen werden CO₂-Emissionen Geschäftsvorfällen zugeordnet und in ein „grünes Hauptbuch“ eingebucht. Entlang der Wertschöpfungskette können damit Scope 1-, Scope 2- und Scope 3-Emissionen upstream präzise aggregiert werden. Die Methodik folgt Standards der Finanzberichterstattung, wird aber um spezielle Anforderungen an Emissionsdaten ergänzt.
Integration in ERP-Systeme: Technische Umsetzung des Carbon Accountings
ERP-Systeme wie SAP S/4HANA ermöglichen die strukturierte Erfassung und Auswertung von CO₂-Daten durch die Einrichtung grüner Hauptbuchkonten. Die Integration erfolgt in vier Schritten:
- Datenerfassung aus Energiemanagementsystemen, Lieferantenerklärungen oder IoT-Sensorik
- Strukturierung der Daten in CO₂-Konten nach Scope-Kategorien
- Verknüpfung von Finanz- und CO₂-Daten
- Auswertung und Berichtserstellung
Regulatorische Rahmenbedingungen: Treiber für detaillierte Emissionsberichterstattung
Die Zahl regulatorischer Anforderungen wächst: In der EU verpflichtet die CSRD Unternehmen zur Offenlegung von Scope 1–3-Emissionen nach ESRS E1. Weitere Anforderungen ergeben sich durch CBAM, Emissionshandelssysteme, Umweltproduktdeklarationen und die künftige Green Claims Directive. Das transaktionale Carbon Accounting bietet hierfür eine robuste Grundlage, da es Emissionen direkt auf Geschäftsvorfälle zurückführt und über ERP-Systeme standardisiert auswertbar macht.
Das transaktionale Carbon Accounting bietet hierfür eine robuste Grundlage, da es Emissionen direkt auf Geschäftsvorfälle zurückführt und über ERP-Systeme standardisiert auswertbar macht.
Managementsteuerung mit CO₂-Daten: Neue Ansätze im Accounting
CO₂-Daten lassen sich auf klassische Instrumente des Management Accountings übertragen:
- Kostenrechnung: Emissionen können verursachungsgerecht Produkten, Prozessen oder Profit-Centern zugeordnet werden.
- Deckungsbeitragsrechnungen: Maßnahmen zur Emissionsminderung können effizient priorisiert werden.
- Budgetierung und Forecasting: CO₂-Budgets steuern Unternehmensbereiche.
- Interne Bepreisung: Hohe Emissionen werden intern kostenwirksam gemacht.
- Anreizsysteme: CO₂-Ziele werden in variable Vergütungssysteme integriert.
Beispielsweise können Unternehmen bei der Auswahl neuer Lieferanten finanzielle und ökologische Auswirkungen gleichzeitig bewerten.
Product Carbon Footprint: Steuerungs- und Kommunikationsinstrument
Die Ermittlung eines produktbezogenen CO₂-Fußabdrucks erfolgt analog zur Produktkostenrechnung. Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden einem Produkt zugeordnet: Materialien, direkte Arbeit, Gemeinkosten und Logistik. Eine konsistente, auditierbare Allokation ist entscheidend für interne Optimierungen und externe Anforderungen wie CBAM oder „klimaneutrale“ Produktkennzeichnungen. Fehlerhafte Durchschnittswerte oder Greenwashing können so vermieden werden.
Herausforderungen und Ausblick: Carbon Accounting als Unternehmenssprache der Zukunft
Trotz klarer Vorteile bestehen Herausforderungen: Datenqualität – insbesondere bei Scope 3 –, fehlende Standardisierung und sich verändernde regulatorische Anforderungen erfordern flexible und belastbare Systeme. Langfristig wird Carbon Accounting aber zur „zweiten Arbeitssprache“ der Unternehmensführung – neben der finanziellen. Unternehmen, die Emissionen ebenso präzise steuern wie Finanzen, verschaffen sich also einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
Langfristig wird Carbon Accounting aber zur „zweiten Arbeitssprache“ der Unternehmensführung – neben der finanziellen.
Fazit: Carbon Accounting als strategisches Steuerungsinstrument
Carbon Accounting geht über regulatorische Anforderungen hinaus. Es wird zu einem zentralen Steuerungsinstrument für die nachhaltige Transformation. Durch die Integration in bestehende ERP- und Finanzsysteme erhöhen Unternehmen Transparenz, Effizienz und Steuerbarkeit ihrer Dekarbonisierungsstrategie.
Zur Langfassung
Wie Carbon Accounting die Dekarbonisierung von Unternehmen unterstützt
Aufsatz | 6 Seiten
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