Wird die Finanzberichtsqualität davon beeinflusst, ob Banken als Gläubiger oder als Anteilseigner des Unternehmens auftreten? Eine groß angelegte Analyse börsennotierter japanischer Unternehmen zeigt: Kreditdominierte Beziehungen gehen mit geringerer Finanzberichtsqualität einher, während Bankbeteiligungen die Qualität erhöhen. Konjunktur und Regulierung modulieren diese Effekte.
Die Studie fokussiert auf börsennotierte japanische Unternehmen, da das japanische Bankensystem traditionell durch starke Hausbankbeziehungen gekennzeichnet ist und japanische Banken nicht nur Kredite vergeben, sondern oft auch Anteile an Unternehmen halten. Untersucht wird, ob und wie Hausbankbeziehungen die Finanzberichtsqualität beeinflussen – insbesondere je nachdem, ob Banken primär als Gläubiger oder als Anteilseigner auftreten. Kern ist der Vergleich der Anreizwirkungen von Kreditvolumen der Hausbank versus deren Eigenkapitalbeteiligung und die daraus resultierenden Unterschiede in der Berichtsqualität. Zudem wird gefragt, ob Konjunkturlage und regulatorische Zäsuren (z.B. die Verschärfung der japanischen Insiderregulierung 2013) diese Zusammenhänge systematisch moderieren.
Theoretische Mechanismen: Informationsvorsprung vs. Eigentümeranreize
Hausbank als Kreditgeber
Hausbanken, die nur Kredite vergeben, verfügen regelmäßig über Informationen ihrer Kreditnehmer, etwa finanzielle Transaktionsdaten und Kontoaktivitäten etc. Wegen der regelmäßigen Interaktionen mit dem Kreditnehmer kommen qualitative Einschätzungen hinzu, etwa hinsichtlich der Qualität des Managements und der Mitarbeiter oder der Effektivität interner Unternehmensprozesse, die anderen Kreditgebern des Unternehmens vorenthalten bleiben. Diese vertraulichen Informationen können Hausbanken helfen, das Ausfallrisiko besser einzuschätzen. Insofern müssen Kreditnehmer nicht zwingend aussagekräftige Jahresabschlüsse veröffentlichen, um weitere Kredite von der Hausbank zu erhalten. Gerade in konjunkturellen Boomphasen kann das im Interesse des Kreditnehmers sein, etwa wenn der Ausweis hoher Gewinne vermieden werden soll, um Konkurrenten von den eigenen Geschäftsfeldern fernzuhalten.
Hausbanken als Anteilseigner
Im Falle einer Eigenkapitalbeteiligung ist das Interesse an akkuraten und verlässlichen Finanzinformationen indes höher. Die relativ genaue Messung des Unternehmenserfolgs ist notwendig, um effiziente, gewinnbasierte Vergütungssysteme für das Top-Management des Unternehmens installieren und um potenzielle Dividenden und Aktienkurssteigerungen besser einschätzen zu können. Diese Motive sind unabhängig von der konjunkturellen Lage.
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Hausbankbeziehung und die Finanzberichtsqualität von Unternehmen – Spielt es eine Rolle, ob Banken Gläubiger oder Eigentümer sind?
Forschungs-Impuls | 9 Seiten
Empirische Befunde: Art der Hausbankbeziehung ist mit Finanzberichtsqualität verbunden
Die Studie verknüpft Finanzdaten von gut 3.700 börsennotierten japanischen Unternehmen (2003–2019) aus Datastream mit Angaben zu Hausbankbeziehungen aus NEEDS-CGES; die Hausbank wird sowohl per Unternehmensangabe als auch objektiv über den größten Kreditgeber bestimmt. Die Qualität der Berichterstattung wird als (invertierte, dreijährig gemittelte) Abweichung von Gewinn und operativem Cashflow gemessen und in Panelregressionen mit umfangreichen Kontrollen ausgewertet.
Mit wachsendem Anteil der von der Hausbank gewährten Kredite sinkt die Qualität der Finanzberichterstattung.
Die Auswertung zeigt einen klaren Gegensatz der Anreizwirkungen von Banken je nach Rollenprofil: Mit wachsendem Anteil der von der Hausbank gewährten Kredite sinkt die Qualität der Finanzberichterstattung – Unternehmen in kreditdominierten Beziehungen weisen ausgeprägtere diskretionäre Abgrenzungen auf, was auf geringere Transparenz hindeutet. Demgegenüber geht eine Eigenkapitalbeteiligung der Hausbank mit höherer Berichtsqualität einher; die Abschlüsse erscheinen verlässlicher, was auf stärkere Governance- und Überwachungsanreize als Miteigentümer zurückgeführt werden kann.
Demgegenüber geht eine Eigenkapitalbeteiligung der Hausbank mit höherer Berichtsqualität einher.
Diese Muster sind zudem zyklisch asymmetrisch: In Boomphasen verstärkt sich der negative Zusammenhang zwischen Kreditintensität und Berichtsqualität, während der positive Effekt einer Bankbeteiligung über den Konjunkturzyklus hinweg stabil bleibt.
Eine regulatorische Zäsur bestätigt die Interpretation: Nach Verschärfung der japanischen Insiderregulierung ab 2013 verbessern sich die qualitätsbezogenen Kennziffern insbesondere dort, wo die Hausbank als Aktionär engagiert ist; reine Kreditbeziehungen zeigen dagegen keine systematische Veränderung.
Implikationen für Kapitalmarktteilnehmer: Bank-Eigentum als Signal höherer Verlässlichkeit und erhöhte Skepsis bei hohem Hausbank-Kreditanteil
Für Investoren, Analysten und Abschlussprüfer liegt nahe, bei Eigenkapitalbeteiligungen der Hausbank mit einer höheren Verlässlichkeit der Finanzberichterstattung zu rechnen; dies ist konsistent mit der Notwendigkeit belastbarer Erfolgsgrößen für Vergütungssysteme sowie mit der Einschätzung potenzieller Dividenden und Kursentwicklungen. Wo hingegen der von der Hausbank bereitgestellte Kreditanteil hoch ist, steigt das Risiko geringerer Transparenz – insbesondere in Boomphasen –, sodass Prüfungs- und Analyseverfahren den Abgleich von Gewinn und operativem Cashflow sowie die Entwicklung diskretionärer Periodenabgrenzungen besonders in den Blick nehmen sollten.
Regulatorische Implikationen: Hausbankbeziehungen korrelieren nicht eindeutig positiv oder eindeutig negativ mit der Finanzberichtsqualität
Für die Regulierung ergibt sich ein differenzierter Befund, der pauschale Verschärfungen von Transparenz- und Bewertungsregeln relativiert. Auch wenn ein steigender Anteil des von der Hausbank bereitgestellten Kreditvolumens eher mit geringerer Finanzberichtsqualität verbunden ist, folgt daraus nicht zwingend die regulatorische Konsequenz, Wahlrechte und Ermessensspielräume der Bilanzpolitik generell zu reduzieren oder die Fair-Value-Bilanzierung auszuweiten. Eine solche Verschärfung kann den unerwünschten Nebeneffekt haben, Hausbankbeziehungen auszuhöhlen und damit Informationsvorteile zu beseitigen, die in bestimmten Konstellationen – etwa zur Abschirmung profitabler Geschäftsmodelle vor Konkurrenz – ökonomisch sinnvoll sein können.