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Forschungs-Impuls

Latente Steuern unter IFRS: Ansätze zur Verbesserung des Informationsgehalts

| 4 Min. Lesezeit

Vanessa Flagmeier

Professur für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Accounting │ Universität Passau
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Latente Steuern sind für temporäre Differenzen zwischen handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansätzen und für ungenutzte steuerliche Verlustvorträge zu bilden. Ihre Bilanzierung stellt für viele Unternehmen eine Herausforderung dar und der damit verbundene Aufwand ist hoch. Dabei ist durchaus umstritten, welchen Informationsgehalt latente Steuern und die zugehörigen Anhangangaben für Jahresabschlussadressaten tatsächlich haben.

Kurzimpuls

Latente Steuern sind unter IAS 12 verpflichtend zu bilden für temporäre Differenzen zwischen dem IFRS- und Steuerbilanzwert sowie für steuerliche Verlustvorträge. Aufgrund von Ermessenspielräumen bei dem Ansatz und einer durch das Vorsichtsprinzip geprägten deutschen Rechnungslegungshistorie zu latenten Steuern, ist die Aussagekraft jedoch unklar. Mithilfe einer neuen Kategorisierung von latenten Steuern lässt sich zeigen, dass latente Steuern unter IFRS auch in einem konservativen deutschen Rechnungslegungsumfeld grundsätzlich wertrelevante Informationen enthalten. Hierbei werden latente Steuern zum einen danach gruppiert, ob sie zum Zeitpunkt der Entstehung entweder zunächst die IFRS-Bilanz oder zuerst die Steuerbilanz berühren. Zum anderen werden die beiden Gruppen zusätzlich in aktive und passive latente Steuern unterteilt. Aktive latente Steuern sind wertrelevant, wenn sie zukünftige Steuereffekte abbilden, passive latente Steuern sind wertrelevant, wenn sie aus temporären Differenzen für Abschreibungen entstehen. Eine Position, für die trotz eines Zusammenhangs mit zukünftigen Steuereffekten keine Wertrelevanz gezeigt werden kann, sind latente Steuern auf Verlustvorträge. Die Ergebnisse deuten auf eine skeptische Haltung von Kapitalmarktteilnehmern gegenüber diesen latenten Steuern.

Latente Steuern und nationale Rechnungslegungsgewohnheiten

Unter deutschem Handelsrecht sind insbesondere aktive latente Steuern ein kontroverses Thema. Die Ansatzvorschriften folgen dem Vorsichtsprinzip und reflektieren die traditionell eher konservative deutsche Rechnungslegung. Im Gegensatz dazu hat das Vorsichtsprinzip im Rahmen der Vorschriften der International Financial Reporting Standards (IFRS) eine geringere Bedeutung. Dementsprechend sieht der International Accounting Standard (IAS) 12 weniger Einschränkungen für den Ansatz von aktiven latenten Steuern vor.

Eine mögliche Schlussfolgerung könnte sein, dass latente Steuern, die nach IAS 12 angesetzt werden, durchaus relevante Informationen über zukünftige Steuereffekte vermitteln. Jedoch beinhaltet der Ansatz erhebliche Ermessensspielräume, da aktive latente Steuern nur gebildet werden dürfen, wenn es wahrscheinlich ist, dass in der Zukunft ein zu versteuerndes Ergebnis zur Verrechnung der temporären Differenz oder des Verlustvortrags verfügbar sein wird (IAS 12.24).

Verschiedene Studien zeigen, dass sich IFRS-Bilanzierende bei derartigen Ermessensspielräumen häufig an den nationalen Rechnungslegungsgewohnheiten orientieren. Das wiederum hieße, dass auch unter IFRS ein konservatives Rechnungslegungsverhalten zum Tragen kommt, indem insbesondere aktive latente Steuern eher unterbewertet werden und damit nur begrenzte Informationen über zukünftige Steuereffekte enthalten.

Informationsgehalt für Unternehmensbewertungen und zukünftige Steuerbelastungen

Eine Analyse des Informationsgehaltes und Verbesserungsansätze liefert eine aktuelle Studie. Zur Einschätzung der Aussagekraft wird mit Wertrelevanz-Tests und Steuer-Prognose-Tests untersucht, ob Kapitalmarktteilnehmer latente Steuern bei ihrer Bewertung des Unternehmens berücksichtigen und ob latente Steuern Informationen über zukünftige Steuerbelastungen vermitteln. Latente Steuern werden hierzu in vier Kategorien aufgeteilt: Die Kategorisierung berücksichtigt zum einen, ob der Steuereffekt bei der Entstehung („tax first“, TF) oder bei der Auflösung („financial statement first“, FSF) der zugrunde liegenden temporären Differenzen entsteht, und zum anderen, dass aktive (ALS) und passive (PLS) latente Steuern unterschiedlich informativ sein können.

Kategorisierung latenter Steuern mit Beispielen für die Ursache der temporären Differenzen

Wertrelevanz

Die Wertrelevanz-Tests zeigen, dass latente Steuern auch in einem eher durch konservative Rechnungslegung geprägten deutschen Setting wertrelevante Informationen enthalten. Die Aufteilung in die vier neuen Kategorien gibt noch tiefere Einblicke und zeigt, dass dies nicht für alle latenten Steuern gilt: ein positiver Zusammenhang mit dem Unternehmenswert ist für die FSF-ALS Kategorie und ein negativer Zusammenhang für die TF-PLS Kategorie zu beobachten, für die anderen Kategorien sind die Ergebnisse insignifikant.

Latente Steuern enthalten auch in einem eher durch konservative Rechnungslegung geprägten deutschen Setting wertrelevante Informationen.

Prognose von Steuereffekten

Die Ergebnisse von Steuer-Prognose-Tests zeigen eine geringere zukünftige Steuerbelastung bei Vorliegen von FSF-ALS, konsistent mit steuerreduzierenden Effekten bei Auflösung der aktiven latenten Steuern. Daneben weisen lediglich aktive latente Steuern auf Verlustvorträge einen (negativen) Zusammenhang mit zukünftigen Steuerbelastungen auf. Diese Resultate haben drei interessante Implikationen: Erstens lässt sich die beobachtete Wertrelevanz der Position FSF-ALS durch die in den latenten Steuern enthaltenen Informationen über zukünftige Steuereffekte erklären. Zweitens ergibt sich die Wertrelevanz von TF-PLS (wie vermutet) nicht aus einem Zusammenhang mit zukünftigen Steuereffekten. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist der Informationsgehalt zu steuerlichen Abschreibungen. Drittens kann die fehlende Wertrelevanz von aktiven latenten Steuern auf Verlustvorträge nicht mit fehlender Prognosefähigkeit begründet werden. Zusätzliche Tests zeigen, dass Investoren Zweifel an der Zuverlässigkeit der aktiven latenten Steuern auf Verlustvorträge haben. Jedoch scheinen weder Bilanzpolitik noch konservatives Rechnungslegungsverhalten einen überzeugenden Erklärungsansatz für diese Skepsis zu bieten.

Fazit

Die Resultate der Studie weisen darauf hin, dass latente Steuern unter IFRS auch in einem konservativ geprägten Rechnungslegungsumfeld grundsätzlich wertrelevante Informationen enthalten. Es wird aber auch gezeigt, dass dies nicht für alle Komponenten von latenten Steuern gilt. Einen wichtigen Beitrag stellt dabei die neue Kategorisierung von latenten Steuern dar. Eine Aufteilung der latenten Steuern basierend darauf, ob zunächst die IFRS- oder die Steuerbilanz von den temporären Differenzen berührt wird, kombiniert mit dem Split in aktive und passive latente Steuern, kann Jahresabschlussadressaten bei der Interpretation von latenten Steuern unterstützen. Die Kategorisierung hilft dabei, zukünftige Steuereffekte besser abzuschätzen und somit den Wert der latenten Steuern aus Investorensicht zu bepreisen.

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Aufsatz | 10 Seiten

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