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Debattenbeitrag

Hybride Arbeit: Ein Plädoyer für eine differenzierte Betrachtung und Gestaltung

| 4 Min. Lesezeit

Stephan Kaiser

Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insb. Personalmanagement und Organisation | Universität der Bundeswehr München
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Stefan Süß

Lehrstuhl für BWL, insb. Arbeit, Personal und Organisation | Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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René Schmoll

Akademischer Rat für den Schwerpunktbereich Management & Marketing | Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Hybride Arbeit ist ein komplexes Phänomen, welches in­dividuelle, team­bezogene und organisatorische Auswirkungen mit sich bringt. Indivi­duelle Unterschiede zwischen Mitarbeitenden verlangen eine flexible Ge­staltung hybrider Arbeit. Dabei benötigt jede Organisation ein spezifisches und dif­ferenziertes Gestaltungskonzept. Einfache Empfehlungen für die Gestal­tung hybrider Arbeitswelten sind kaum möglich.

Kurzimpuls

Der aktuelle Enthusiasmus für hybride Arbeit sollte nicht dazu führen, die möglichen negativen Effekte und Nebenerscheinungen zu vernachlässigen. Hybride Arbeit muss in ihrer gesamten Komplexität verstanden werden, um sie erfolgreich zu gestalten. Aus Unternehmenssicht gilt es abzuwägen, welche organisatorischen Rahmenbedingungen vorliegen. Dabei spielt die Diversität der Belegschaft eine zen­trale Rolle. Aspekte wie Persönlichkeit, Technikaffinität, Kompetenzen und Prä­ferenzen müssen in den Gestaltungsprozess einfließen. Eine Möglichkeit, diesen individuellen Unterschieden gerecht zu werden, ist die Einführung von „Cafeteria-Systemen“. Auch die Selbstorganisation innerhalb hybrider Arbeitsmodelle ist von Bedeutung. Unternehmen müssen entscheiden, ob dezentrale Lösungen, die ihren Mitarbeitern Autonomie bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich Arbeitsorten und Arbeitszeiten gewähren, oder zentralisierte Vorgaben, die eine einheitliche Struktur schaffen, besser zu ihren Zielen und Unternehmenskulturen passen. Eine ausgewogene Herangehensweise könnte darin bestehen, spezifische Richtlinien und Rahmenbedingungen vorzugeben, während die Möglichkeit für individuelle Anpassungen und Ent­scheidungen auf Team-Ebene gewährleistet bleibt.

Der Arbeitskreis „Personal und Arbeit“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. be­tont die Notwendigkeit einer stärkeren Diffe­renzierung im Hinblick auf hybride Arbeit und liefert Impulse zur erfolg­reichen Gestaltung.

These 1: Hybride Arbeit muss in ihrer gesamten Komplexität verstanden werden, um sie erfolgreich zu gestalten.

Hybridität entsteht zum einen durch das gleichzeitige und wechselnde Ar­beiten in unterschied­lichen physischen Räumen (Homeoffice oder anderer Remote-Arbeit und Büroarbeit im Unternehmen) und bedeutet zum ande­ren, dass unterschiedliche – digitale und analoge – Kommunikations­kanäle genutzt werden. Für die erfolg­reiche Gestaltung hybrider Arbeits­welten sind diese Aspekte einzeln, aber auch in ihrem Zusammenwirken zu verstehen. Es muss nicht nur bedacht werden, welche Auswirkungen hybride Arbeit für das Individuum hat, sondern auch, wie sich hybride Ar­beit auf das Arbeiten im Team und dessen Führung auswirkt. Und schließ­lich gilt es zu bedenken, welche Auswirkungen hybride Arbeit kurz- und lang­fristig auf die gesamte Or­ganisation hat, beispielsweise mit Blick auf die Koordination von Arbeits­teilung, Wissensaustausch und organi­sa­tio­na­les Lernen oder die Entste­hung organisationaler Identität und Soziali­tät. Hy­bride Arbeit ist zudem auch ein juris­tisch komplexes Feld und wird durch zahlreiche rechtliche Rahmenbedingungen tangiert.

These 2: Organisationen sollten einen Rahmen schaffen, der möglichst viel individuelle Flexibilität zulässt.

Erkenntnisse der Forschung zur hybriden Arbeit und zum Arbeiten im Homeoffice zeigen zunehmend, wie wichtig es ist, bei der Gestaltung hy­brider Arbeit individuelle Unterschiede zu beachten. Dies beginnt mit un­terschiedlichen Lebenssituationen der Mitarbeitenden und reicht von fa­miliären Verpflichtungen über geografische Entfernungen zwischen Wohn­ort und Betrieb bis hin zu Wohnbedingungen und sonstigen persönlichen Umständen. Für die Umsetzung und die erfolgreiche Gestaltung hybrider Arbeit bedeu­tet dies, dass starre Konzepte und Regelungen für das hy­bride Arbeiten den zahlreichen individuellen Unterschieden nicht entspre­chen können. Eine allzu starke Indivi­dualisierung kann allerdings zu Asymmetrien innerhalb eines Teams führen, die ggf. als ungerecht wahr­genom­men werden können. Daher stößt auch die Indi­vidualisierung an ihre Gren­zen.

These 3: Jede Organisation benötigt ein spezifisches und differenziertes Konzept für die Gestaltung hybrider Arbeit.

Je nach organisationalem Kontext (z.B. Branche oder digitalem Reifegrad) ergeben sich potenziell unterschiedliche Grade der Hybridisierung von Ar­beit. Gerade dort sind die größ­ten Herausforderungen für Gestaltungs­konzepte hybrider Arbeit zu erwarten, wo ein mittleres Hybridisierungs­potential vorliegt. Denn hier müssen Gestal­tungskonzepte ganz besonders spezifisch angepasst werden. Dabei variiert branchenunabhängig auch in­nerhalb von Organisa­tionen das Hybridisierungspotentiale in Abhängigkeit der jeweiligen Tätigkeitsfelder. Wenn für einen Teil der Beschäftigten hy­bride Arbeit möglich ist, für den anderen Teil, z.B. Mitarbeitende in der in­dustriellen Produktion und Mon­tage, aber nicht, führt Hybridisierung zu ei­ner „geteilten Belegschaft“ und damit zu Fragen nach Gerechtigkeit und nach Kompensation. Schließlich verändert sich das Hybridisierungspoten­tial von Aufgaben auch im Zeitablauf. So sind beispielsweise Anlaufphasen von Projekten weniger gut für hybride Arbeit geeignet als bereits seit län­gerer Zeit laufende Pro­jekte mit einem eingespielten Team.

These 4: Unternehmen sollten die komplexen langfristige Folgen hybrider Arbeit beobachten und mit der Janusköpfigkeit umgehen lernen.

Die Implementierung hybrider Arbeitsmodelle bringt eine Vielzahl von kurz­fristigen positiven Effekten mit sich, beispielsweise eine erhöhte Ar­beitszufriedenheit und -motivation durch eine verbesserte Work-Life-Ba­lance und Kostensenkungen durch die Reduktion von Büroflächen. Lang­fristig kann die Attraktivität als Arbeitgeber steigen. Der aktuelle Enthusi­asmus für hybride Arbeit sollte jedoch nicht dazu führen, die möglichen negativen Effekte und Nebenerscheinungen zu vernachläs­sigen. Geht hy­bride Arbeit mit einem verminderten sozialen Austausch ein­her, können die Beziehungen im Team und in der Organisation erodieren. Hierunter lei­den nicht nur die Teamdynamik, der Zusammenhalt und die gemeinsame Identität; auch informelles Lernen kann mit der zunehmen­den räumlichen Distanzierung schwieriger werden.

Der aktuelle Enthusiasmus für hybride Arbeit sollte jedoch nicht dazu führen, die möglichen negativen Effekte und Nebenerscheinungen zu vernachläs­sigen.

Von den Unternehmen ist eine kontinuierliche Beobachtung, Evaluation und An­passung der Arbeitsmodelle gefordert, um sicherzustellen, dass ihre Vorteile ge­nutzt und ihre potenziellen Nachteile vermieden werden. Nur so können Unternehmen langfristig von den Möglichkeiten der hybri­den Arbeit profi­tieren.

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Aufsatz | 9 Seiten

Hybride Arbeit ist ein komplexes Phänomen, welches individuelle, teambezogene und organisatorische Auswirkungen mit sich bringt. Diskutieren Sie mit — welche Impulse zur erfolgreichen Gestaltung hybrider Arbeit können Sie geben?

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