Hybride Arbeit ist ein komplexes Phänomen, welches individuelle, teambezogene und organisatorische Auswirkungen mit sich bringt. Individuelle Unterschiede zwischen Mitarbeitenden verlangen eine flexible Gestaltung hybrider Arbeit. Dabei benötigt jede Organisation ein spezifisches und differenziertes Gestaltungskonzept. Einfache Empfehlungen für die Gestaltung hybrider Arbeitswelten sind kaum möglich.
Kurzimpuls
Der aktuelle Enthusiasmus für hybride Arbeit sollte nicht dazu führen, die möglichen negativen Effekte und Nebenerscheinungen zu vernachlässigen. Hybride Arbeit muss in ihrer gesamten Komplexität verstanden werden, um sie erfolgreich zu gestalten. Aus Unternehmenssicht gilt es abzuwägen, welche organisatorischen Rahmenbedingungen vorliegen. Dabei spielt die Diversität der Belegschaft eine zentrale Rolle. Aspekte wie Persönlichkeit, Technikaffinität, Kompetenzen und Präferenzen müssen in den Gestaltungsprozess einfließen. Eine Möglichkeit, diesen individuellen Unterschieden gerecht zu werden, ist die Einführung von „Cafeteria-Systemen“. Auch die Selbstorganisation innerhalb hybrider Arbeitsmodelle ist von Bedeutung. Unternehmen müssen entscheiden, ob dezentrale Lösungen, die ihren Mitarbeitern Autonomie bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich Arbeitsorten und Arbeitszeiten gewähren, oder zentralisierte Vorgaben, die eine einheitliche Struktur schaffen, besser zu ihren Zielen und Unternehmenskulturen passen. Eine ausgewogene Herangehensweise könnte darin bestehen, spezifische Richtlinien und Rahmenbedingungen vorzugeben, während die Möglichkeit für individuelle Anpassungen und Entscheidungen auf Team-Ebene gewährleistet bleibt.
Der Arbeitskreis „Personal und Arbeit“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. betont die Notwendigkeit einer stärkeren Differenzierung im Hinblick auf hybride Arbeit und liefert Impulse zur erfolgreichen Gestaltung.
These 1: Hybride Arbeit muss in ihrer gesamten Komplexität verstanden werden, um sie erfolgreich zu gestalten.
Hybridität entsteht zum einen durch das gleichzeitige und wechselnde Arbeiten in unterschiedlichen physischen Räumen (Homeoffice oder anderer Remote-Arbeit und Büroarbeit im Unternehmen) und bedeutet zum anderen, dass unterschiedliche – digitale und analoge – Kommunikationskanäle genutzt werden. Für die erfolgreiche Gestaltung hybrider Arbeitswelten sind diese Aspekte einzeln, aber auch in ihrem Zusammenwirken zu verstehen. Es muss nicht nur bedacht werden, welche Auswirkungen hybride Arbeit für das Individuum hat, sondern auch, wie sich hybride Arbeit auf das Arbeiten im Team und dessen Führung auswirkt. Und schließlich gilt es zu bedenken, welche Auswirkungen hybride Arbeit kurz- und langfristig auf die gesamte Organisation hat, beispielsweise mit Blick auf die Koordination von Arbeitsteilung, Wissensaustausch und organisationales Lernen oder die Entstehung organisationaler Identität und Sozialität. Hybride Arbeit ist zudem auch ein juristisch komplexes Feld und wird durch zahlreiche rechtliche Rahmenbedingungen tangiert.
These 2: Organisationen sollten einen Rahmen schaffen, der möglichst viel individuelle Flexibilität zulässt.
Erkenntnisse der Forschung zur hybriden Arbeit und zum Arbeiten im Homeoffice zeigen zunehmend, wie wichtig es ist, bei der Gestaltung hybrider Arbeit individuelle Unterschiede zu beachten. Dies beginnt mit unterschiedlichen Lebenssituationen der Mitarbeitenden und reicht von familiären Verpflichtungen über geografische Entfernungen zwischen Wohnort und Betrieb bis hin zu Wohnbedingungen und sonstigen persönlichen Umständen. Für die Umsetzung und die erfolgreiche Gestaltung hybrider Arbeit bedeutet dies, dass starre Konzepte und Regelungen für das hybride Arbeiten den zahlreichen individuellen Unterschieden nicht entsprechen können. Eine allzu starke Individualisierung kann allerdings zu Asymmetrien innerhalb eines Teams führen, die ggf. als ungerecht wahrgenommen werden können. Daher stößt auch die Individualisierung an ihre Grenzen.
These 3: Jede Organisation benötigt ein spezifisches und differenziertes Konzept für die Gestaltung hybrider Arbeit.
Je nach organisationalem Kontext (z.B. Branche oder digitalem Reifegrad) ergeben sich potenziell unterschiedliche Grade der Hybridisierung von Arbeit. Gerade dort sind die größten Herausforderungen für Gestaltungskonzepte hybrider Arbeit zu erwarten, wo ein mittleres Hybridisierungspotential vorliegt. Denn hier müssen Gestaltungskonzepte ganz besonders spezifisch angepasst werden. Dabei variiert branchenunabhängig auch innerhalb von Organisationen das Hybridisierungspotentiale in Abhängigkeit der jeweiligen Tätigkeitsfelder. Wenn für einen Teil der Beschäftigten hybride Arbeit möglich ist, für den anderen Teil, z.B. Mitarbeitende in der industriellen Produktion und Montage, aber nicht, führt Hybridisierung zu einer „geteilten Belegschaft“ und damit zu Fragen nach Gerechtigkeit und nach Kompensation. Schließlich verändert sich das Hybridisierungspotential von Aufgaben auch im Zeitablauf. So sind beispielsweise Anlaufphasen von Projekten weniger gut für hybride Arbeit geeignet als bereits seit längerer Zeit laufende Projekte mit einem eingespielten Team.
These 4: Unternehmen sollten die komplexen langfristige Folgen hybrider Arbeit beobachten und mit der Janusköpfigkeit umgehen lernen.
Die Implementierung hybrider Arbeitsmodelle bringt eine Vielzahl von kurzfristigen positiven Effekten mit sich, beispielsweise eine erhöhte Arbeitszufriedenheit und -motivation durch eine verbesserte Work-Life-Balance und Kostensenkungen durch die Reduktion von Büroflächen. Langfristig kann die Attraktivität als Arbeitgeber steigen. Der aktuelle Enthusiasmus für hybride Arbeit sollte jedoch nicht dazu führen, die möglichen negativen Effekte und Nebenerscheinungen zu vernachlässigen. Geht hybride Arbeit mit einem verminderten sozialen Austausch einher, können die Beziehungen im Team und in der Organisation erodieren. Hierunter leiden nicht nur die Teamdynamik, der Zusammenhalt und die gemeinsame Identität; auch informelles Lernen kann mit der zunehmenden räumlichen Distanzierung schwieriger werden.
Der aktuelle Enthusiasmus für hybride Arbeit sollte jedoch nicht dazu führen, die möglichen negativen Effekte und Nebenerscheinungen zu vernachlässigen.
Von den Unternehmen ist eine kontinuierliche Beobachtung, Evaluation und Anpassung der Arbeitsmodelle gefordert, um sicherzustellen, dass ihre Vorteile genutzt und ihre potenziellen Nachteile vermieden werden. Nur so können Unternehmen langfristig von den Möglichkeiten der hybriden Arbeit profitieren.
One size fits all? Ein Plädoyer für eine differenzierte Betrachtung und Gestaltung hybrider Arbeit
Aufsatz | 9 Seiten
Hybride Arbeit ist ein komplexes Phänomen, welches individuelle, teambezogene und organisatorische Auswirkungen mit sich bringt. Diskutieren Sie mit — welche Impulse zur erfolgreichen Gestaltung hybrider Arbeit können Sie geben?
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