Frühere Untersuchungen zeigen auf, dass Abschlussprüfer einen signifikanten Einfluss auf die Finanzberichte ihrer Mandanten haben. Primär wurde hierbei gezeigt, dass die Inhalte der Finanzberichte durch interne Richtlinien und Arbeitsroutinen von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und deren Niederlassungen beeinflusst werden. Jedoch beruht der Prüfungsprozess häufig auf persönlichen Interaktionen zwischen Prüfungspartnern und CFOs. Darüber hinaus verfügen einzelne Prüfungspartner über Interpretations- und Ermessensspielräume während des Prüfungsprozesses. Zudem können die persönlichen Eigenschaften der Prüfer den Prüfungsprozess erheblich beeinflussen. Daher könnten einzelne Prüfungspartner einen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Finanzberichte ihrer Mandanten haben. Darauf wirft nun eine neu erschienene Studie von Mauritz, Nienhaus und Oehler Licht.
Kurzimpuls
Unternehmen können bei der Erstellung ihrer Finanzberichte ihren Abschlussprüfer während des Erstellungsprozesses unterschiedlich stark miteinbeziehen. So kann die Erstellung von Lageberichten und Anhängen weitestgehend intern geschehen oder in enger Absprache mit Abschlussprüfern. Je nachdem, wie eng der Abschlussprüfer miteinbezogen ist, könnten sich über verschiedene Mandate des Prüfungspartners hinweg bestimmte Muster in den Lageberichten und Anhängen erkennen lassen. Eine aktuelle Studie untersucht, inwiefern diese Muster bestehen und wertet dazu über 6.000 deutsche Finanzberichte mit über 1.600 verschiedenen verantwortlichen Prüfungspartnern aus. Die Auswertung zeigt, dass sich die Lageberichte und Anhänge von zwei Unternehmen stärker ähneln, wenn sie denselben Prüfungspartner haben. Einzelne Prüfungspartner haben demnach einen Einfluss auf die Informationen, die ihre Mandanten in ihren Berichten veröffentlichen. Dieser Einfluss ist insbesondere dann ausgeprägt, wenn Mandanten weniger Expertise in der Erstellung von Finanzberichten haben oder es sich um nicht-börsennotierte Mandanten handelt. Es zeigt sich auch, dass der Einfluss von Prüfungspartnern deutlich ausgeprägter ist als jener, der sich aus internen Arbeitsroutinen oder Richtlinien der Prüfungsgesellschaft ergibt. Für die Adressaten der Finanzberichte zeigt sich, dass der Einfluss von Abschlussprüfern zu Lageberichten führt, die die wirtschaftliche Lage des Unternehmens authentischer beschreiben. Aus Sicht der Regulierungsbehörden stellt sich die Frage nach möglichen Auswirkungen einer stärkeren Verantwortung der Prüfer für die Informationen im Bericht.
Relevanz der narrativen Berichterstattung
Lageberichte und Anhänge bieten den Anlegern wichtige Informationen und sind für die Einordnung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens von großer Bedeutung. Im Gegensatz zu den vergangenheitsorientierten Zahlen in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), finden sich in der narrativen Berichterstattung auch zukunftsbezogene Informationen, die besonders für Kapitalgeber relevant sind. In Deutschland sind diese Berichte auch daher für viele Unternehmen durch den Abschlussprüfer zu prüfen. Durch die Prüfung ergibt sich zwangsläufig ein bestimmter Einfluss des Abschlussprüfers auf Lageberichte und Anhänge. Jedoch ist weitestgehend unklar, wie stark dieser Einfluss ist. Einerseits könnte der Informationsgehalt der Berichte maßgeblich durch die Abschlussprüfer beeinflusst werden. Andererseits sollten Abschlussprüfer lediglich die Regelkonformität bestätigen und nicht zu Ko-Erstellern der Unternehmensberichterstattung werden. Eine neue Studie von Mauritz, Nienhaus und Oehler beantwortet diese Frage.
Individuelle Prüfer haben einen erheblichen Einfluss
Um den Prüfer-Einfluss empirisch zu messen, verwendet die Studie Methoden aus dem sogenannten Natural Language Processing (NLP). Die Studie zeigt, dass die narrativen Angaben in den Berichten um etwa 30 bis 48 Prozent (Lageberichte) bzw. 48 bis 121 Prozent (Anhänge) textuell, inhaltlich und strukturell ähnlicher sind, wenn zwei Mandanten den gleichen Prüfungspartner als Abschlussprüfer haben. Dieser Einfluss übersteigt den Einfluss von internen Arbeitsroutinen oder Richtlinien einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft um das 9-fache. Dementsprechend zeigt sich, dass einzelne Prüfungspartner einen enormen Freiraum bei der Gestaltung der Abschlussprüfung haben und es sogar innerhalb der gleichen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu deutlichen Unterschieden in der Prüfung kommen kann. Zudem legen die Ergebnisse nahe, dass die persönlichen Merkmale und Präferenzen von den verantwortlichen Prüfungspartnern einen bedeutenden Einfluss auf die Gestaltung der Finanzberichte ihrer Mandanten haben.
„Die Studie zeigt, dass die narrativen Angaben in den Berichten um etwa 30 bis 48 Prozent (Lageberichte) bzw. 48 bis 121 Prozent (Anhänge) textuell, inhaltlich und strukturell ähnlicher sind, wenn zwei Mandanten den gleichen Prüfungspartner als Abschlussprüfer haben.”
Beteiligung der Prüfer über Standardformulierungen hinaus
Die Ergebnisse der Studie zeigen außerdem, dass der Einfluss von den verantwortlichen Prüfungspartnern über das Einfügen von Standardtextbausteinen und Standardformulierungen hinausgeht. Vielmehr sind Prüfungspartner eng in die Rechnungslegungsprozesse ihrer Mandanten eingebunden und bringen aktuelle und mandantenspezifische Inhalte ein. Dementsprechend werden nicht nur juristisch notwendige Standardinhalte eingefügt, sondern die Berichte werden vergleichbarer und der Informationsgehalt verbessert. Der Einfluss der verantwortlichen Prüfungspartner ist besonders dann ausgeprägt, wenn Mandaten eine geringere Expertise bei der Erstellung von Finanzberichten haben oder nicht-börsennotiert sind. Zudem zeigt sich, dass besonders Prüfungspartner von Nicht-Big 4 Prüfern die Rolle eines Full-Service Providers einnehmen und tendenziell stärker in die Erstellung von Lageberichten und Anhängen involviert sind als ihre Kollegen von Big 4-Prüfungsgesellschaften.
Sicherstellung der Qualität durch stärkeren Einfluss der Prüfungspartner
Ein größerer Einfluss der Prüfungspartner führt in der Regel zu nützlicheren und gewissenhaft gestalteten Lageberichten. Dabei veröffentlichen Mandanten mit stark involvierten Prüfungspartnern Lageberichte, die die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Mandanten besser widerspiegeln. Das deutet insgesamt auf eine höhere Qualität der Berichterstattung als Folge des Einflusses der Prüfungspartner hin. Im Zusammenhang mit den zuvor beschriebenen Ergebnissen, dass Prüfungspartner insbesondere bei kleineren und nicht-börsennotierten Mandanten Einfluss nehmen, lässt sich ableiten, dass Prüfungspartner mit ihrem Einfluss die Qualität von Lageberichten und Anhängen insbesondere dann sicherstellen, wenn Mandanten dies nicht selbständig machen (können). Insgesamt zeigt die Studie von Mauritz, Nienhaus und Oehler damit die wichtige Rolle von Prüfungspartnern für die narrative Berichterstattung ihrer Mandanten auf.
Der Einfluss von Abschlussprüfern auf die narrative Berichterstattung ihrer Mandanten
Aufsatz | 8 Seiten
Haben Sie eine Frage oder Anregungen? — Teilen Sie Ihre Gedanken zu diesem Forschungs-Impuls! Welchen Einfluss haben die Abschlussprüfer auf die narrative Berichterstattung ihrer Mandanten?
Kommentieren