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Debattenbeitrag

Wem nutzt Public Country-by-Country Reporting?

| 4 Min. Lesezeit

Martin Lagarden

Head of Global Transfer Pricing │ Henkel AG & Co. KGaA
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Ulrich Schreiber

Universität Mannheim
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Dirk Simons

Lehr­stuhl für Allgemeine Betriebs­wirtschafts­lehre und Rechnungs­wesen │ Universität Mannheim
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Caren Sureth-Sloane

Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Betriebswirtschaftliche Steuerlehre | Universität Paderborn
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Ist Public Country-by-Country Reporting eine geeignete Maßnahme, um Steuertransparenz zu erhöhen und unerwünschte internationale Steuergestaltungen zu erschweren? Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen diskutierten diese Frage im AK Verrechnungspreise der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass diese Maßnahme in ihrer jetzigen Form nicht zweckmäßig ist.

Kurzimpuls

Die geplante öffentliche länderweise Berichterstattung über Steuern (Public Country-by-Country-Reporting, CbCR) soll die Steuertransparenz erhöhen und damit unerwünschte internationale Steuergestaltungen erschweren. Geltendes Recht schreibt bereits die nicht öffentliche länderweise Berichterstattung über Steuern vor. Sollten Unternehmen darüber hinaus auch verpflichtet werden, diese Daten der Allgemeinheit offenzulegen? Bislang haben sich die Finanzminister der EU darüber nicht einigen kön­nen.

„Wer profitiert?“

  • keine eindeutige und klare Antwort, deshalb ist die Maßnahme nicht zweckmäßig;
  • mehr Information bedeutet nicht immer mehr Wissen;
  • Unternehmen könnten public CbCR nutzen, um sich als „gute Unternehmensbürger:innen“ zu präsentieren und negative Marktreaktionen zu vermeiden

Die derzeit geltende, verbindliche Berichterstattung „Country-by-Country-Reporting“ (CbCR) ermöglicht den Informationsaustausch von Steuerbehörden aus verschiedenen Ländern der EU und weltweit über die Höhe der Steuerzahlung eines multinationalen Konzerns in den jeweiligen Ländern. Sollten multinationale Unternehmen verpflichtet werden, diese Daten der Allgemeinheit offenzulegen (Public CbCR)?

Informationswert des Public CbCR

Mehr öffentliche Berichte führen nicht automatisch zu mehr Transparenz. Mehr Nachrichten bedeuten nicht zwingend mehr Information. Denn dafür müssen die dargestellten Informationen verständlich sein und einen Neuigkeitsgehalt haben. Der Wechsel des Adressaten von den Steuerbehörden, die die detaillierten Ländersteuerberichte von multinationalen Konzernen erhalten, zur Öffentlichkeit erfordert deswegen einen erheblich aufwendigeren Berichtsstil.

Konzentriert man sich bei der Beurteilung von Public CbCR auf den Informationswert, ist schwer erkennbar, wer von der Einführung des Public CbCR profitieren würde.

Konzentriert man sich bei der Beurteilung von Public CbCR auf den Informationswert, ist schwer erkennbar, wer von der Einführung des Public CbCR profitieren würde. Die Unternehmen werden einen Anstieg ihrer Berichterstattungskosten erleben. Für die Steuerbehörden bringt die Öffentlichkeit der Berichterstattung keine zusätzlichen Vorteile, weil sie keine neuen Informationen erhalten. Die breite Öffentlichkeit hingegen würde eindeutig mehr Informationen erhalten. Aus dem Blickwinkel einer Kosten-Nutzen-Analyse betrachtet zeigen sich jedoch viele Nachteile, die berücksichtigt werden müssen. Ob wirtschaftliche Entscheidungen durch die erhöhte Informationsmenge negativ beeinflusst oder verbessert werden, ist fraglich.

Steuerpolitische Perspektive

Für Public CbCR wird vorgebracht, dass multinationale Unternehmen nicht nur Gewinne für ihre Eigner (Shareholder) erzielen müssen, sondern auch im Interesse anderer Interessengruppen (Stakeholder) handeln sollten. Um den Interessen aller Bürger/innen eines Landes zu dienen, sollten sie daher ihren „gerechten Anteil an den Steuern“ zahlen. Aus dieser Sicht reicht dazu die „bloße“ Einhaltung des geltenden Steuerrechts nicht aus. Die Sorge der Unternehmen vor Reputationsverlusten durch vermeintliche Steuervermeidung (aus Sicht der Öffentlichkeit) soll Abhilfe schaffen.

Die Erhebung von Steuern basiert jedoch nicht auf Gerechtigkeitsvorstellungen einer nicht näher bezeichneten Allgemeinheit, sondern auf Regeln gerechter Besteuerung.

Public CbCR ist somit eine Maßnahme, welche die Unternehmen veranlassen soll, ihre soziale Verantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR) im Bereich der Steuern wahrzunehmen. Nicht das Steuerrecht, sondern der Druck der informierten Öffentlichkeit soll zu dem gewünschten steuerlichen Verhalten der Unternehmen führen. Die Steuerbehörden könnten von den befürchteten Reputationsverlusten der multinationalen Unternehmen profitieren und höhere Steuereinnahmen erzielen. Und die Öffentlichkeit könnte einen verbesserten Zugang zu Informationen wertschätzen.

Die Erhebung von Steuern basiert jedoch nicht auf Gerechtigkeitsvorstellungen einer nicht näher bezeichneten Allgemeinheit, sondern auf Regeln gerechter Besteuerung, wie sie das Steuerrecht bestimmt, und damit auf dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Nun verfügen multinationale Unternehmen oft über eine größere Marktmacht als nationale Unternehmen. Ein verbindliches Public CbCR könnte dem entgegenwirken und wäre dann als Maßnahme zu rechtfertigen, die Wettbewerbsverzerrungen mindert. Jedoch sind die Steuergesetzgeber der betroffenen Staaten für die Durchsetzung von Steuervorschriften und die Schließung von Lücken in der Steuergesetzgebung verantwortlich. Die OECD schlägt daher auch Maßnahmen zur Koordination des nationalen Steuerrechts vor, die sich gegen internationale Steuergestaltungen richten. Sollten die Staaten sich auf derartige Maßnahmen verständigen, bedarf es des Instruments des Public CbCR nicht mehr.   

Jenseits solcher Erwägungen hängt die Wirkung des Public CbCR von der Fähigkeit der Öffentlichkeit ab, die Berichte richtig zu verstehen und in entsprechend gerechtfertigter Weise Druck auf die Unternehmen auszuüben. Da es eine allgemeine, von der Staatszugehörigkeit losgelöste, Öffentlichkeit in der EU nicht gibt, ist es aber keineswegs sicher, dass Public CbCR zu einer einheitlichen Beurteilung des steuerlichen Verhaltens der berichtenden Unternehmen führt. Wie internationale Steuergestaltungen der multinationalen Unternehmen auf Public CbCR reagieren würden, ist daher eine offene Frage.

Gleichwohl kann Public CbCR aus der Sicht eines Unternehmens von Nutzen sein,  wenn dieser Bericht es dem Unternehmen ermöglicht, sich der Öffentlichkeit als „guter Unternehmensbürger“ zu präsentieren. So können möglicherweise negative Marktreaktionen vermieden oder Vorteile gegenüber Wettbewerbern erlangt werden. Die durch die Berichterstattung bewirkte Trennung von in diesem Sinne „schlechten Unternehmen“ könnte ein Mittel sein, um die Wahrnehmung durch die Kunden und Investoren des Unternehmens positiv zu beeinflussen.

Zusammenfassend wirft Public CbCR grundlegende Fragen auf: Sollte die auf Rechtsregeln beruhende Erhebung von Steuern (Rule of Law) in Teilen ersetzt werden durch öffentlichen Druck auf die Steuerzahler? Sind im internationalen Umfeld länderbezogene, öffentliche Werturteile über Steuermoral ein geeigneter Maßstab für zwischenstaatliche Steuergerechtigkeit? Gibt es bessere Wege, um das Vertrauen der Bürger in ein gerechtes Steuersystem zu festigen? Bevor diese und ähnliche Fragen nicht überzeugend beantwortet sind, sollte davon abgesehen werden, Public CbCR voranzutreiben.

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