Reaktionsfähig, flexibel, kompetent und schnell. Zwei Jahrzehnte nachdem 17 Softwareentwickler das Agile Manifesto veröffentlichten, wird Agilität in vielen Unternehmen als Schlüsselkompetenz gefeiert. In der Diskussion über Agilität geht es oft nur um die Einführung von agilen Methoden und Organisationsformen. Doch was genau soll Agilität eigentlich bewirken? Und wie wird festgestellt, dass ein Unternehmen oder eine Organisationseinheit agiler geworden ist?
Wir leben in einer sogenannten „VUCA“-Welt (volatile, uncertain, complex and ambiguous). Märkte, Techniken, Produkte, Konkurrenzverhältnisse und andere Parameter des Wirtschaftens ändern sich häufiger und erratischer. Die Antwort auf diese Herausforderungen? Agilität. Agile Organisationseinheiten können schnell auf sich verändernde Bedingungen reagieren.
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Agilität organisieren: Kontexte, Koordination und Konsequenzen
Analyse | 31 Seiten
Um Agilität zu erreichen, werden verschiedene Methoden eingesetzt, z. B. Kanban-Boards. Auch die Strukturen einer Organisation müssen entsprechend angepasst werden.
Die Dezentralisierung von Entscheidungsautorität ist dabei elementar. Es erfordert zudem ein bestimmtes Mindset: Flexiblere Formen der Selbstorganisation, Eigeninitiative und Selbstkoordination. Hinzu gehört eine Fehlerkultur, Konflikttoleranz der Beteiligten, kulturelle Offenheit sowie intrinsische Motivation. Beteiligte müssen sich bereit zeigen, Verantwortung zu übernehmen.
Skalierung und Koordination
Agile Teams spezialisieren sich auf bestimmte Teilaufgaben, zum Beispiel auf die Entwicklung einer Produktkomponente. Aber wie erreicht das Unternehmen auch Team-übergreifend mehr Agilität? Das gewählte Skalierungsmodell hängt davon ab, inwieweit sich verschiedene agile Teams, nicht nur operativ, sondern auch taktisch und strategisch koordinieren müssen.
Ziel skalierter Agilität ist, agile Arbeitsweisen auch in größeren Organisationen und nicht nur in einzelnen Teams zu realisieren und agiles Verhalten und Arbeitsweisen dauerhaft in der (Unternehmens-)Kultur zu verankern.
Mit zunehmendem Koordinations- und Skalierungsbedarf steigt auch die Komplexität der zu koordinierenden Aktivitäten. Um dies zu bewältigen, müssen die Skalierungsmodelle selbst komplexer werden. Es können drei Modelle unterschieden werden. Die kurzfristige operative Koordination wird durch die Scrum-of-Scrum Methode unterstützt. Für die mittelfristige taktische Koordination agiler Teams hat sich das Scaled Agile Framework (SAFe) bewährt. Während für die langfristige strategische Koordination ein Wasserfallmodell der Koordination auf Basis eines Programm-Portfolios am besten geeignet wäre.
In der Regel arbeiten allerdings nicht alle Einheiten eines Unternehmens agil. Die Zusammenarbeit zwischen agilen und nicht-agilen Teams erfordert deshalb Koordination. Dies könnte erfolgen durch z. B. Rollenträger, horizontale Teams und Entscheidungsgremien und/oder horizontale Konfliktlösungsmechanismen einzustellen.
Agilität: Mittel vs. Zweck
Es wird vielfach einfach unterstellt, dass agile Arbeitsweise zu mehr Agilität führen. Wichtig ist aber, Maßnahmen und Zielerreichung zu trennen: Der Einsatz agiler Methoden (wie z.B. SCRUM) oder von Kanban-Boards bedeutet nicht notwendig, dass die Einheiten auch tatsächlich agiler werden. Eine Art Scorecard kann Unternehmen bei der Messung unterstützen.
Die Einführung agiler Arbeitsweisen und Strukturen führt häufig zu insgesamt besseren finanziellen Ergebnissen. Allerdings sollte auch berücksichtigt werden, dass durch die Einführung agiler Arbeitsweisen häufig zu einer Vermehrung von Führungsstellen und höheren Abstimmungskosten kommt.
Ob sich die Einführung agiler Arbeitsweisen und Strukturen lohnt, hängt von bestimmten Rahmenbedingungen ab. Agile Methoden, Arbeitsweisen und Strukturen stoßen zwar oft auf Begeisterung, bieten aber keine generelle Lösung für die Bewältigung einer VUCA-Welt.
Der Übergang von einer traditionellen zu einer agilen Organisation ist mit zahlreichen Fallstricken verbunden und bedarf daher sorgfältiger Überlegung und Reflexion.